2. Borbecker Kulturforum: Dialog ist alternativlos

16.07.2013

Ein offener Dialog ist durch nichts zu ersetzen. Das machte auch das 2. Kulturpolitische Forum im Residenzsaal auf Schloss Borbeck am Montag, 15. Juli, klar. In Fortsetzung der Auftaktveranstaltung vom August 2012 stellten sich die Susanne Asche (CDU), Hans Aring (SPD) und Elisabeth Mews (Bündnis90/Die Grünen) als Kulturpolitische Sprecher ihrer Ratsfraktionen der Diskussion. Diesmal in einem Podium, das um einen wesentlichen Mitspieler erweitert worden war: Lars Martin Klieve, Kämmerer der Stadt Essen, machte den Aufschlag mit schonungslosen Grunddaten zur Haushaltsentwicklung. Der Ausgangspunkt für eine Debatte mit „Licht am Ende des Tunnels“. ...

Diskutierten beim 2. Borbecker Kultur-Forum auf Schloss Borbeck (v.l.): Hans Aring (SPD), Susanne Asche (CDU), Elisabeth Mews (Bündnis90/Die Grünen), Stadtkämmerer Lars Martin Klieve

2. Borbecker Kulturforum: Dialog ist alternativlos


BORBECK. Ein offener Dialog ist durch nichts zu ersetzen. Das machte auch das 2. Kulturpolitische Forum im Residenzsaal auf Schloss Borbeck am Montag, 15. Juli, klar. In Fortsetzung der Auftaktveranstaltung vom August 2012 stellten sich die Susanne Asche (CDU), Hans Aring (SPD) und Elisabeth Mews (Bündnis90/Die Grünen) als Kulturpolitische Sprecher ihrer Ratsfraktionen der Diskussion. Diesmal in einem Podium, das um einen wesentlichen Mitspieler erweitert worden war: Lars Martin Klieve, Kämmerer der Stadt Essen, machte den Aufschlag mit schonungslosen Grunddaten zur Haushaltsentwicklung. Und doch ein Ausgangspunkt für eine Debatte mit „Licht am Ende des Tunnels“.

 

Strapazierte Gefühlslage

 

Mit dem Titel „Kultur-Kahlschlag? - Borbeck fragt nach“ hatten der Borbecker Bürger- und Verkehrsverein, der Kultur-Historische Verein Borbeck und der Förderverein Schloss Borbeck eine provozierende Überschrift gewählt. Nicht von ungefähr, hatten doch zahlreiche Themen in den letzten Jahren die Gefühlslage in der Bürgerschaft strapaziert: Mit Sorge fragt sich mancher, wie es mit Stadtarchiv und der Historischen Ausstellung zur Stadtgeschichte weitergeht, mit der Stadtbibliothek und ihren Zweigstellen, aber auch allen anderen vielfältigen Einrichtungen kultureller Grundversorgung, die sich – wie die vielen freien Kulturträger - im Wettbewerb mit allseits schlagzeilenträchtigen Prestigeprojekten und „spitzenkulturellen“ kommunalen Imageträgern behaupten müssen. Mit Ärger und Unverständnis quittiert der aufmerksame Beobachter ein liebloses Herumreparieren im öffentlichen Raum, fragt nach dem Stellenwert der Erhaltung von historischer Bausubstanz im Stadtbild und nach der Zukunft der institutionellen Denkmalpflege überhaupt, denn scharf kritisierte Streichbeschlüsse der Landesregierung in diesem Bereich wälzen die Kosten dieser Pflichtleistung bald auf alle Kommunen ab.

 

Und was Essens größten Stadtteil betrifft: Hatte schon im vergangenen Jahr die schlichte Frage alarmiert, warum ein ansehnliches Programm im Kulturzentrum Schloss Borbeck an möglicherweise nicht organisierbaren Hausmeisterdiensten hängen kann, staunte jüngst die Öffentlichkeit, wie schnell sich eine Schließung des Borbecker Standortes der Volkshochschule durchexerzieren lässt.


Nachdenkliche Stimmung im Publikum

 

„Licht am Ende des Tunnels“

 

Eine Vielzahl von Aspekten also, für die Hintergründe her müssen, die zu erklären und in einen Zusammenhang zu stellen sind. Der ist so banal wie brutal: Wenn eine Kommune über ihre Verhältnisse lebt, hängt sie bald am Fliegenfänger der Zwangsverwaltung durch die Bezirksregierung. Das habe für die mit über 3 Milliarden Euro in der Kreide stehende höchstverschuldete deutsche Stadt noch gerade abgewendet werden können, so Stadtkämmerer Klieve. Ein nur mit harten Sparmaßnahmen durchgezogener Konsolidierungskurs werde die einst so stolze Ruhrmetropole sogar bald in die Lage versetzen, erste Schulden zurückzuzahlen und auch wieder Gestaltungsmöglichkeiten zu gewinnen. Kultur sei und bleibe ein wesentlicher Faktor für das Zusammenleben in der Stadt – und: Es gebe Licht am Ende des Tunnels. Eine Sicht, die auch die Kulturpolitischen Sprecher der Fraktionen teilten.

 

Gleichwohl hielten Debattenbeiträge aus dem Kreis der rund 50 Besucher des Kulturforums im Schloss mit Kritik nicht zurück:  Mehrfache Äußerungen nahmen die Schließung der Borbecker VHS aufs Korn, insbesondere ältere Mitbürger und sozial Benachteiligte müssten im Blick bleiben, wenn es um kulturelle Teilhabe gehe, hieß es, die Förderung des Ehrenamtes sei unverzichtbar und Kulturpolitik sei angewandte Sozialpolitik. Jürgen Becker, der Vorsitzende des Kultur-Historischen Vereins Borbeck (KHV), nutzte die Diskussion darüber hinaus zu einer nachdenklichen Generalabrechnung mit dem etablierten Politikbetrieb, für die Bezirksvertretung stieg Margret Roderich als stv. Bezirksbürgermeisterin in den Ring.

 

Offener Dialog mit Perspektiven

 

Immerhin - und vor der Debatte nicht zu erwarten: Es ist erstaunlich, welche Perspektiven manchmal ein offener Dialog ermöglicht. Sie könnten sich etwa für die Stadtteilbibliothek Borbeck ergeben, die eine zentralere Bedeutung in der Ortsmitte erhalten sollte – ein ausgesprochener Wunsch der Veranstalter des Forums. Nicht einmal für Kurse der Volkshochschule muss das Licht in Borbeck ausgegangen sein - ein erster Kurs hat unter dem Mantel des KHV schon in der Alten Cuesterey unterschlüpfen können. Alle Vertreter der anwesenden Ratsfraktionen und der Bezirksvertretung sagten ihre aktive Unterstützung zu. Und dass die Aktivitäten im und rund um das Kulturzentrum Schloss ein „Leuchtturm“ bleiben, sollte wohl schlicht vorausgesetzt werden können.

 

Kreativität ist gefragt

 

Kultur ist Ausdruck schöpferischer Kreativität. Und „kreativ“ mag als das Wort gelten, das sich wie ein roter Faden durch die gesamte Debatte zog: Große Kreativität, daran kann kein Zweifel bestehen, wird vom Stadtkämmerer als oberstem Haushälter verlangt, Kreativität aber muss auch Grundton aller politischen Gremien sein - umso mehr für einen von schwierigen Rahmenbedingungen bestimmten Prozess, in dem eine Stadt neue Handlungsfreiheit gewinnen will. Doch das alles geht nicht ohne die kreative, aktive und mitverantwortliche Beteiligung des Bürgers, der in einem solchen Prozess ausreichend informiert und „mitgenommen“ werden will. Denn es geht um ihn – um niemand anderen. Und möglicherweise stecken ausgerechnet dort die Ressourcen, die ein Gemeinwesen braucht, wenn es lebendig bleiben will.

 

Dialog wird fortgesetzt

 

Schon mit einer neuen Gesprächskultur ist viel gewonnen – und im Übrigen nicht nur im Bereich der Kultur: In einem städtischen Subzentrum wie Borbeck stehen eine Menge Themen auf der Agenda, die Konsens verlangen. Um es mit einem Stichwort aus der Moderation des Podiums aufzugreifen, das insbesondere von Ratsfrau Elisabeth Mews unterstützt wurde: Es geht es um ein neues „Quartiersmanagement“, das in anderen Stadtteilen Essens etwa in Stadtteilkonferenzen Ausdruck gefunden hat. Damit Politik wieder eine neue Chance gewinnt, damit Identität wieder und neu gewonnen wird, damit sozialer Zusammenhalt gesichert bleibt.

 

Dafür kann das im Schulterschluss der drei Organisatoren des Kulturforums begonnene Projekt ein Anstoß sein. Der Dialog jedenfalls, so wurde angekündigt, wird fortgesetzt. Denn es wäre auch gut zu erfahren, was aus den hoffnungsvollen Ansätzen in der Debatte schließlich geworden ist ….

Aus der Presse:

 

„Kulturpolitisches Forum diskutiert über drohenden Kahlschlag in Borbeck“, in: WAZ / DER WESTEN vom 11.Juli 2013

„Kulturpolitisches Forum geht in die zweite Runde“, in: BORBECKER NACHRICHTEN vom 11. Juli 2013

„Kulturkahlschlag ? – Borbeck fragt nach“, BORBECK KURIER vom 13. Juli 2013

„VHS-Kurse ins Schloss ziehen“, in: WAZ vom 17. Juli 2013

 "Politik kann Kahlschlag in Borbeck nicht erkennen", in: BORBECKER NACHRICHTEN vom 18.Juli 2013

 

 

 

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