Gastwirtschaft Hesse

„Hesse“ kennt in Borbeck jedes Kind und meint damit ein Schwimmbad und nicht eine Kneipe. Dabei ist die Kneipe älter als das Schwimmbad, das erst 1927 als „Freibad Hesse“ eröffnet wurde, während man sich in der Kneipe schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts als „Gasthaus zum Emscherthal“ an der Prosperstraße unmittelbar vor der späteren Kanalbrücke einen genehmigen konnte.

Andreas Koerner hat herausgefunden, dass sich der aus Gelsenkirchen stammende Gastwirt Wilhelm Hesse mit seiner Frau und fünf Söhnen 1894 in Borbeck polizeilich meldete. Offenbar nutzte er die darauf folgenden Jahre entweder für den Neubau einer Gaststätte oder für die grundlegende Renovierung einer bereits bestehenden Gastwirtschaft. Jedenfalls weiß die Festschrift der Freiwilligen Feuerwehr aus dem Jahre 1901 von einer „neu eingerichteten Gartenwirtschaft“ zu berichten, die „Gasthaus zum Emscherthal“ hieß und von Wilhelm Hesse und nach dessen Tod von seinem Sohn Heinrich geführt wurde.

Der Name „Emscherthal“ rührt von der Lage des Gasthauses an der Emscher her. Den Kanal gab es damals noch nicht. Er entstand erst in den Jahren 1906 bis 1914. Viel wichtiger für das Florieren der Kneipe war, dass die Zechen Christian Levin und Prosper gleichsam vor der Theke lagen. Zu den Stammgästen gehörten demzufolge die auf den Zechen beschäftigten und oft in Zechennähe wohnenden Bergarbeiter.

Vor allem die aus Polen stammenden Bergleute fanden bei „Hesse“ ein zweites Zuhause, hielten dort ihre Versammlungen ab oder kamen zu geselligen Veranstaltungen zusammen. Belege dafür sind die Gründung eines polnischen Musikvereins bei Hesse im Jahre 1904 oder die Versammlung von 200 polnischen Bergleuten aus Bottrop, die dort kein Versammlungslokal gefunden hatten, aus dem gleichen Jahre.

Doch nicht nur polnische Bergarbeiter verkehrten bei „Hesse“, nein, „Hesse“ war auch eine Zeitlang das Vereinslokal des evangelischen Knappenvereins Dellwig, wie Andreas Koerner zu berichten weiß. Im Unterschied zum Freibad Hesse, das den Bomben des Zweiten Weltkriegs zum Opfer fiel, blieb die Gastwirtschaft Hesse weitgehend unversehrt. Nach der Wiedereröffnung firmierte sie unter der Bezeichnung „Strandhof Hesse“ und wurde eine Zeitlang vom Pächter Albert Albers geführt.

1958 kaufte die Stadt Essen das Gebäude. Bald danach wurde es abgerissen. Heute verbinden die Menschen mit dem Namen Hesse nur noch das Strandbad am Rhein-Herne-Kanal. Auf dem Areal der früheren Gaststätte befindet sich gegenwärtig das „Bootshaus“ von RuWa Dellwig als Kombination aus verpachtetem Restaurationsbetrieb und vereinseigenem Sportbereich mit Stegzugang zum Kanal. (FJG)

Quelle: Andreas Koerner: Gastwirtschaft Hesse. In: Borbecker Beiträge 3/2002, S. 125/126.

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