Villa Voßkühler

In der Legrandallee steht seit dem 13. September 1990 ein älteres Haus unter Denkmalschutz. Es trägt die Hausnummer 22. Man findet an dem Gebäude das Erbauungsdatum: 1894. Dieses passt in die Zeit, bevor der Jugendstil mit seinen dekorativen Ranken den etwas pompösen Prunk ablöste.

Auf der zur Straße gewandten Seite kann man folgenden Spruch lesen: „Deutsches Haus - Deutsches Land - Schirm es Gott - Mit starker Hand“. Es war erst 23 Jahre her, dass die verschiedenen deutschen Königreiche und Fürstentümer zu einem Deutschen Reich geeint wurden. Das geschah auf kriegerischem Wege, den das Germaniadenkmal dokumentiert. Man war stolz auf diese siegreiche Armee. Aber Gottes Schutz konnte - auch mit Hilfe der Geistlichen - gerne hinzukommen. An einer Seite der Villa steht noch ein anderer Spruch: „Genieße froh was dir beschieden - entbehre gern was du nicht hast - ein jeder Stand hat seinen Frieden - ein jeder Stand hat seine Last.“ Damit ist gemeint, dass die Arbeiter zufrieden sein sollen und nicht neidisch auf die Bürgerlichen, die sich eine Villa leisten können. Aus beiden Sprüchen spricht der Geist der damaligen Zeit.

Der Borbecker Communalbaumeister Heinrich Voßkühler (1852 - 1914) war der Erbauer und Besitzer. Sein Chef war der Borbecker Bürgermeister Rudolf Heinrich (1845 - 1917). Voßkühler baute auch das alte Gebäudes Gymnasium Borbeck in der Prinzenstraße. Dabei hatte er mit entstehenden Baumängeln zu kämpfen. Es wurde 1901 eröffnet. Voßkühler plante eine Allee, die von der Mitte von Borbeck bis zur Rosenkranzkirche führen sollte. Aber er kam nicht weit. Vor der Vinckestraße musste er sie beenden, denn dort war der Garten der Dienstvilla von Bürgermeister Heinrich. (Heute ist dort das Hallenbad.) Heinrich machte einen Strich durch den Entwurf und schrieb daneben: „Kommt derzeit überhaupt nicht in Frage“. Aber auch diese kurz gebliebene Legrandallee hat einen gepflegten Charme bis heute.

Über Voßkühler und seine teilweise erfolglosen Bemühungen gibt es ein vieldiskutiertes Buch von Lutz Niethammer: „Umständliche Erläuterung der seelischen Störungen eins Communalbaumeisters in Preußens größtem Industriedorf oder: Die Unfähigkeit zur Stadtentwicklung.“ (Frankfurt 1979. 129 S.) In diesem Buch geht es darum, dass Borbeck durch Bergbau, Eisenbahn, Zinkhütte, Phönixhütte und kleinere Betriebe immer mehr Menschen an sich zog, ohne eine eigentliche Stadt zu werden. Auch juristisch war Borbeck ein Dorf geblieben. Zum Zeitpunkt der Eingemeindung nach Essen am 1. April 1915 hatte Borbeck mehr als 70 000 Einwohner.

(Andreas Koerner)

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