Ernst Schmidt kam am 12. Oktober 1924 als Sohn eines Hufschmieds in Essen-Borbeck zur Welt. Nach dem Besuch der Volksschule absolvierte er eine kaufmännische Lehre beim „Essener Lokal-Anzeiger“ und bei der „National-Zeitung“. Er war begeisterter Hitlerjunge und Wehrmachtssoldat. Nach Reichsarbeitsdienst und Kriegsdienst kehrte Ernst Schmidt 1946 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft zurück und trat noch im gleichen Jahr in die KPD ein, für die er ab 1947 hauptamtlich tätig war.
1958 wurde er wegen seiner Broschüre „Wir klagen an – NS-Richter und Staatsanwälte in Essen“ angeklagt und wegen Staatsgefährdung zu einer Haftstrafe von 15 Monaten verurteilt, von denen er fünf Monate verbüßte. 1982 trat er nach langer, intensiver Auseinandersetzung mit dem realen Kommunismus aus der DKP aus und wurde 1986 Mitglied der SPD. Im gleichen Jahr wurde der Historiker Ernst Schmidt an der Universität Bremen ohne Vorlage einer Doktorarbeit zum Dr. phil. promoviert. Ernst Schmidt gilt als Begründer der NS-Erinnerungskultur in der Stadt Essen und gehört zu den Wegbereitern eine Wegbereiter der „oral history“, einer Geschichte von unten, in deren Mittelpunkt die Befragung von Zeitzeugen steht.
Zu seinem Lebenswerk gehört ein umfangreiches Archiv mit einer Sammlung seiner Aufsätze, Zeitungsartikel, Vorträge und Veröffentlichungen sowie dem dreibändigen Werk „Lichter in der Finsternis“. In den 1970er-Jahren war er maßgeblich an der Umgestaltung der Alten Synagoge zur Mahn- und Gedenkstätte der Stadt Essen und an der Konzeption der Ausstellungen beteiligt. Später wirkte er bei der Initiative „Essen erinnert“ und der Aktion „Stolpersteine“ mit. Ungezählte Male stand Ernst Schmidt, ein begnadeter Erzähler, in der Alten Synagoge und in Schulen als Zeitzeuge vor allem vor jungen Menschen selbstkritisch Rede und Antwort.
1991 kam es auf seine Initiative zur Gründung der „Arbeitsgemeinschaft Essener Geschichtsinitiativen im FORUM Geschichtskultur an Ruhr und Emscher e.V.“. 1998 setzte er sich in seinem Buch „Vom Staatsfeind zum Stadthistoriker. Rückblick auf mein bewegtes Leben“ sehr persönlich mit dem eigenen Lebensweg auseinander. Ernst Schmidt erhielt mehrere Auszeichnungen: Kulturpreis der Stadt Essen, Rheinlandtaler des Landschaftsverbandes Rheinland, Essener Bürgertaler, Ehrenplakette der Stadt Essen. Nach ihm ist der Ernst-Schmidt-Platz im Essener Südviertel vor dem Haus der Essener Geschichte benannt. Am 16. Dezember 2009 ist Ernst Schmidt in Essen-Borbeck gestorben.
Das Haus der Essener Geschichte/Stadtarchiv würdigte den 100. Geburtstag von Ernst Schmidt mit einem Vortragsabend und mit der Ausstellung „Nahaufnahme Dr. Ernst Schmidt“ am 17. Oktober 2024. Das sogenannte Archiv Ernst Schmidt enthält eine umfangreiche zeitgeschichtliche Sammlung zur Geschichte der Arbeiterbewegung und zum Thema „Verfolgung und Widerstand“ in Essen. Es spielt eine zentrale Rolle für die Historische Bildungsarbeit mit den Essener Schulen. Das Archiv wurde 1993 von der Stadt Essen angekauft und wird heute vom Haus der Essener Geschichte betreut und archivfachlich aufgearbeitet. (FJG)
Franz Josef Gründges
Quelle: Dickhoff, Erwin: Essener Köpfe, Stadt Essen und Historischer Verein für Stadt und Stift Essen e.V. (Hg.), Klartext Verlag, Essen: Neuauflage 2015. – Stenglein, Frank: Opfern eine Stimme gebe, in: WAZ v. 11.10.2024. Foto oben: Ernst Schmidt zwischen BN-Herausgeber Walter Wimmer und Oberbürgermeister Wolfgang Reiniger