Meina von Daun zu Oberstein

Fürstäbtissin 1489-1521

Die Freiin Meina von Daun zu Oberstein wurde kurz nach 1440 in Oberstein im Nahetal als Tochter von Wirich IV. Herr von Daun zu Oberstein (1418-1501) und Margareta Gräfin von Leiningen geboren. Meina hatte vier Brüder und drei Schwestern.

Meinas Wahl zur Äbtissin des Stifts Essen im Jahre 1489, die im Beisein von Meinas Bruder Philipp, Domdechant und späterer Kölner Erzbischof, stattgefunden hatte, wurde von der Scholastikerin Irmgard von Diepholz angefochten. Bei der Wahl hatten die Stiftdamen mehrheitlich für Irmgard gestimmt, die Kanoniker standen auf der Seite von Meina. Beide Parteien riefen ihre Kandidatin zur rechtmäßig gewählten Äbtissin aus. Der Streit wurde mit allen Mitteln geführt. Auf beiden Seiten gab es den Vorwurf der Wahlbeeinflussung und Wahlverfälschung. So wurde zum Beispiel der Kanoniker Hermann Scholle verdächtigt, als Sekretär der Meina das Protokoll der Äbtissinnenwahl gefälscht zu haben. Außerdem warfen ihm die Anhänger der Irmgard vor, ein Leben zu führen, das eines Geistlichen unwürdig sei. Es hieß, dass er mit einer Frau zusammenlebe und sich aufwändig kleide.

Gegen die Bestätigung der Meina von Daun durch Papst Innozenz VIII. am 9. Oktober 1490 legte Irmgard von Diepholz erwartungsgemäß Widerspruch ein. Da die Entscheidung (zu) lange auf sich warten ließ, griffen Irmgards Brüder mit einigen Gleichgesinnten aus der Stadt zu den Waffen. Es kam zu Plünderungen, Raub, Mord und Totschlag. Die Pröpstin versuchte vergeblich, die aufgebrachten und gewaltbereiten Essener Bürger durch Bierspenden zu beschwichtigen. Schließlich wurde Meina aus der Abtei vertrieben. Sie suchte Zuflucht im Haus Borbeck. In einer Chronik wird von einem Überfall auf das Haus Borbeck berichtet, bei dem die Viehställe und das Torhaus in Brand gesteckt wurden und ein Bediensteter der Meina im Leben kam (1493).

Auf der Suche nach wirksamem Schutz und nachhaltiger Unterstützung verzichtete Meina von Daun auf das alte Recht der freien Vergabe der Vogtei und erklärte den Herzog Johann II. von Kleve im Oktober 1495 zum Erbvogt. Aber auch diese Maßnahme brachte keine Lösung des Konflikts.

Das galt ebenso für das vom Kölner Erzbischof über Essen verhängte Interdikt, das zur Folge hatte, dass gerade in der Zeit, in der die Pest in Essen grassierte, die Sterbenden keine letzte Ölung erhielten und Neugeborene nicht getauft werden konnten. Diese Maßnahme trug nicht zur Beruhigung der Lage bei. In dieser Situation wandte sich Irmgard von Diepholz, die sich inzwischen der Einkünfte der Abtei, der Schatzkammer und des Archivs bemächtigt hatte, an den Kaiser. Der Kaiser forderte die Streitenden zum Gewaltverzicht auf und wies sie an, ihren Konflikt vor Gericht auszutragen.

1496 begann der Prozess vor dem Reichskammergericht. 1499 wurde er niedergeschlagen. 1504 beendete Papst Julius in Rom den Streit mit einem Vergleich: Meina von Daun wurde als Äbtissin von Essen anerkannt, musste aber der Widersacherin Irmgard von Diepholz einen großen Teil ihrer Einkünfte abtreten und versprechen, sie zu ihrer Nachfolgerin zu machen. Das Versprechen erledigte sich allerdings von selbst, da Irmgard bereits 1505 starb.

Aus Altergründen hatte man der 78-jährigen Äbtissin im Jahre 1520 mit Margareta von Beichlingen eine Coadjutorin zur Seite gestellt. Diese wurde 1521 zu ihrer Nachfolgerin bestimmt und nach dem Tod von Meina auch zur Äbtissin gewählt. Meina von Daun gab ihr Amt als Äbtissin 1521 vorzeitig auf. Sie starb am 5. Mai 1525 und wurde in der Münsterkirche beigesetzt.

In dem Konflikt zwischen Meina von Daun-Oberstein und Irmgard von Diepholz, der als dritter Äbtissinnenstreit in die Geschichte von Stift Essen eingegangen ist, ging es über persönliche Querelen hinaus um einen Machtkampf zwischen dem Damenkapitel und dem Kanonikerkapitel. Die beiden verfassungsrechtlichen Streitfragen waren: Darf das Kanonikerkapitel die Äbtissin mit wählen? Und: Darf das Kanonikerkapitel das Damenkapitel überstimmen? Die Antworten auf die beiden Fragen waren bei künftigen Äbtissinnenwahlen von großer Bedeutung. Eine weitere Entscheidung, die der Streit mit sich brachte, war die, dass die Vogtei erblich an das Haus Kleve übergegangen war. (FJG)

Quelle: Erwin Dickhoff: Essener Köpfe. Essen 2015. – Ute Küppers-Braun: Macht in Frauenhand. 1000 Jahre Herrschaft adeliger Frauen in Essen. Essen 2002, S. 90/91.

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