Hansemannstraße

Die Hansemannstraße in der 1939 erbauten Kruppschen Siedlung in Essen-Gerschede wurde am 26. Mai 1939 von den Nationalsozialisten nach Adolph (von) Hansemann benannt. Sie sollte nach dem Willen der damaligen Machthaber zusammen mit einigen anderen Straßen in der Siedlung (Kamerunstraße, Samoastraße, Askaristraße u.a.) an die deutsche Kolonialgeschichte erinnern. Die Hansemannstraße verbindet Kamerunstraße und Bischof-Franz-Wolf-Straße.

Der Namensgeber Adolph Hansemann wurde am 27. Juli 1826 als viertes Kind und ältester Sohn des Kaufmanns Adolf Hansemann und dessen Ehefrau Fanny Fremerey (1801-1876), Tochter eines Eupener Tuchfabrikanten, in Aachen geboren. Nach dem Besuch der höheren Bürgerschule in Aachen, an der er 1841 die Reifeprüfung ablegte, begann er eine kaufmännische Ausbildung in Hamburg und Berlin. Nachdem ihn sein Vater am 24. Januar 1845 für volljährig und damit für geschäftsfähig erklärt hatte, stieg der knapp 21-jährige Adolph als Geschäftsführer und Teilhaber in die Tuchfabrik seines Vetters Wilhelm Peters in Eupen ein, die er mit diesem zusammen bis 1857 erfolgreich leitete. 1857 wechselte er auf Wunsch seines Vaters als Miteigentümer in dessen Disconto-Gesellschaft und verlegte seinen Wohnsitz nach Berlin.

1860 heiratete Adolph Hansemann in Köln Ottilie Kusserow (geboren am 11. April 1840 in Koblenz, gestorben am 12. Dezember 1919 in Berlin), deren Mutter eine Tochter von Salomon Oppenheim war, dem Gründer des gleichnamigen Bankhauses. Das Ehepaar bekam zwei Kinder, den Sohn Ferdinand und die Tochter Davide Eveline. Der Sohn (1861-1901) setzte das Werk seines Vaters nicht fort. Er widmete sich bis zu seinem frühen Tod der Politik und der Landwirtschaft.     

Nach dem Tod des Vaters 1864 trat Adolph Hansemann dessen Nachfolge an und machte die väterliche Disconto-Gesellschaft in der Folge zur führenden Berliner Großbank. Unter seiner Leitung stieg das Aktienkapital der Bank von 60 Millionen Mark 1872 auf 150 Millionen Mark 1902, der Umsatz stieg von 840 Millionen Mark 1857 auf 24,7 Milliarden Mark im Jahr 1900. Hansemann gehörte schließlich zu den reichsten Männern Deutschlands.

Er residierte mit seiner Familie in einer von Friedrich Hitzig (Berliner Börse, Reichsbankgebäude) entworfenen prunkvollen Doppelvilla an der Tiergartenstraße in Berlin. In der Provinz Posen und auf der Insel Rügen verfügte der passionierte Jäger über einen Grundbesitz von mehr als 7.000 Hektar. In Dwasieden bei Sassnitz auf Rügen ließ er ebenfalls nach einem Entwurf von Friedrich Hitzig von 1873 bis 1877 ein Schloss errichten. Zwischen 1887 bis 1896 sorgte er auf eigene Kosten für die Modernisierung der Stadt Sassnitz, unter anderem durch die Anlage eines Fischereihafens. Hansemann besaß daneben noch das Gut Lissa-Laube und die Herrschaft Pempowo, beide am Südrand der preußischen Provinz Posen gelegen.

Während der Kriege von 1866 und 1870/71 war Hansemann mit seiner Disconto-Gesellschaft im öffentlichen Anleihen-Geschäft engagiert. Im Deutsch-Französischen Krieg machte er sich als Finanzberater der Regierung einen Namen. Für seine Verdienste um den Preußischen Staat wurde er am 8. Februar 1872 vom preußischen König Wilhelm I. in den erblichen Adelsstand erhoben und trug von da an das „von“ im Namen.

Chancen für große Finanzgeschäfte eröffneten sich Hansemann auf dem Gebiet des Verkehrswesens, der Industrie und der kolonialen Bestrebungen Deutschlands. Seine Disconto-Gesellschaft finanzierte den Bau der großen Venezuala-Eisenbahn und war am Bau der Südwestafrika-Bahn und der ostafrikanischen Mittellandbahn beteiligt. Hansemann saß in den Verwaltungsräten der Warschau-Wien-Eisenbahn-Gesellschaft und der Schantung-Eisenbahngesellschaft.

In der Industrie wirkte er am Aufbau des Montanreviers im Ruhrgebiet mit. Er wurde Aufsichtsmitglied bei Krupp, sanierte 1896 die Mengeder Bergwerks AG in Dortmund, die nach Umwandlung in eine Gesellschaft seinen Namen erhielt, und war seit 1873 Aufsichtsratsvorsitzender der Gelsenkirchener Bergwerks-AG.  

Adolph Hansemann starb am 9. Dezember 1903 in Berlin. Seine letzte Ruhestätte fand er in einer 1874 von Friedrich Hitzig geschaffenen Familiengrabanlage, einem dreiteiligen Mausoleum auf dem Matthäi-Kirchhof in Berlin aus dem Jahre 1902, das 1986 und 2009 mit Hilfe der Deutschen Bank AG restauriert wurde.

Nach seinem Tod übernahm seine Ehefrau die Verwaltung des Vermögens und des ausgedehnten Land- und Grundbesitzes. Ottilie von Hansemann war sozial stark engagiert. Sie unterstützte die deutsche Frauenbewegung mit größeren Summen und gilt als Vorkämpferin für die Zulassung von Frauen zum Studium. 1914/15 wurde dank ihrer Stiftung das Viktoria-Studentenhaus in Berlin erbaut, das bis Ende der 1970er-Jahre als Wohnheim für Studentinnen genutzt wurde. Nach ihrem Tod im Jahr 1919 kam es zur Aufteilung des Besitzes. Erbe des Besitzes wurde schließlich Hansemanns Enkel Gert von Oertzen.

Nach Adolph von Hansemann ist bei ihrer Gründung 1991 die Hansemannsschule, Essens kleinste Gesamtschule benannt worden. Sie liegt an der Hansemannstraße. (FJG)

Quellen: Erwin Dickhoff: Essener Straßen. Essen 2015. – Ludwig W. Wördehoff: Borbeck in seinen Straßennamen. Essen 1987. – Tanja Jungeburth: Adolph von Hansemann. In: Internetportal Rheinische Geschichte: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/adolph-von- hansemann (abgerufen am 28.06.2020). – https://de.wikipedia.org/wiki/Adolph_von_Hansemann. (Abgerufen am 28.06.2020).    

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