Alois Bäcker wurde am 14. November 1894 in Frintrop an der Grenze zu Oberhausen geboren. Das Elternhaus stand kurz vor dem Lipperheiderbaum in der heutigen Essener Straße 339.
1909 trat er in den Orden der Steyler Missionare SVD ein. Die philosophisch-theologischen Studien setzte er nach einer vierjährigen kriegsbedingten Unterbrechung in Wien fort. Dort empfing er am 25. Mai 1924 die Priesterweihe. Am 6. Juni 1924 feierte er seine Primiz in seiner damaligen Heimatgemeinde Herz-Jesu. Am 12. September des gleichen Jahres sandte ihn der Orden in die 1922 eingerichtete China-Mission der Steyler Missionare in die Provinz Gansu im Nordwesten Chinas mit der Hauptstadt Lánzhou. Hier begann P. Bäcker unter der Leitung des aus Münster stammenden Bischofs Buddenbrock (Bild oben) zusammen mit einigen Steyler Missionaren und Missionsschwestern seine Missionstätigkeit in einem Gebiet, das beinahe halb so groß wie Europa war.
Die langen und beschwerlichen Reisen durch das Missionsgebiet unternahm P. Bäcker zu Pferde auf einem kleinen Schimmel, der ihm eines Tages gestohlen wurde. Aus der Missionsstation in Xíning, Hauptstadt der Provinz Qínghai, sandte er im April 1931 einen Bittbrief in die Heimat, in dem er für den Erhalt von „Loskaufsummen für Heidenkinder“ und sonstige Wohltaten dankt. Im gleichen Schreiben berichtet er von der Ausplünderung der Nachbarmission der Kapuziner durch Räuberbanden und davon, dass in dem von ihm betreuen Bezirk an die 2000 Menschen umgebracht worden seien.
Dass er über all dem Leid seinen Humor nicht verloren hat, belegt seine amüsant vorgetragene Bitte um Zusendung großer Frottierhandtücher. P. Bäcker schrieb:
„Ich lebe hier in der kältesten Zone unserer Mission. Hände und Gesicht erleiden schmerzhafte Risse, wenn man sich nicht trocken reiben kann. Hier hat man auf Reisen zu Pferd aber keinen Ofen, um sein Handtuch zu trocknen; das bewerkstelligt man des Nachts durch eigene Körperwärme, wie man beim Kommis seine Hose bügelte. Die gewöhnlichen Handtücher sind zu klein und werden bei einmaligem Gebrauch so durchnässt, dass sie bei Dauerreisen unbrauchbar sind. Eine wirkliche Wohltat ist so ein obengenanntes Frottierhandtuch. Mein jetziges hat sich in Atome aufgelöst, salonfähig war es schon voriges Jahr nicht mehr, was ja hier in Wildwest, am Kukunoorsee, keine Rolle spielt. Die Fäntse (Landesbewohner) verzichten überhaupt auf den Luxus eines Handtuches. Wenn man sich mal wäscht, geht’s auch ohnedem, und zum hohen Fest reiben sie sich das Gesicht mit Butter ein, - da hält ein parfümiertes europäisches Modefräulein keinen Vergleich aus. – Ein lebender Limburger Käse!“ [Anmerkung: Der Kokunorr-See oder Qinghai-See (blaues Meer) ist einer der größten abflusslosen Salzseen der Erde].
Pater Bäcker erlebte unmittelbar und hautnah den Prozess der Umwandlung des alten China in die moderne Welt und den politischen Umbruch von der nationalchinesischen Zeit unter Tschiang Kai Shek zum kommunistischen Regime unter Mao Tse-Tung. Als Mao auf seinem langen Marsch 1936 mit seiner Roten Armee durch das Missionsgebiet zog, konnten sich die Missionare, rechtzeitig in Sicherheit bringen.
Zu den tiefgreifenden Erfahrungen, die P. Bäcker vor Ort machte, zählten neben Naturkatastrophen (1927 gab es ein zerstörerisches Erdbeben in der Provinz Gansu), Hungersnot, Aufstand, Krieg und Verfolgung auch die politisch-ideologischen Verwerfungen und die zwischenmenschlichen Konflikte in den Beziehungen von Christen und „heidnischer“ Bevölkerung. In den letzten neun Jahren seiner Tätigkeit in der China-Mission übte P. Bäcker als Vertreter des Bischofs das Amt eines Regionalpräfekten für West-Gansu aus.
1948 machte er nach 23 Jahren seinen ersten Heimaturlaub und kehrte im Januar 1949 wieder nach China zurück. 1951 wurde der Missionar wie viele seiner Ordensbrüder ins Gefängnis geworfen. 1952 wurde er schließlich aus der menschenunwürdigen Haft entlassen und des Landes verwiesen.
Nach der Rückkehr aus China war P. Bäcker im Missionshaus St. Raphael in Montenau in Belgien als Seelsorger für die deutschsprachigen Bewohner der umliegenden Landgemeinden tätig. Bis ins hohe Alter leistete P. Bäcker eine andere Form der Missionsarbeit. Er sammelte gebrauchte Briefmarken und finanzierte damit den Bau von Kirchen, unter anderem eine Kirche auf Formosa. Die Fertigstellung seines letzten Projekts, den Bau einer Kirche im indischen Bundesstaat Hyerabad, erlebte P. Bäcker nicht mehr. Er starb am 26. Dezember 1974. Nach dem Seelenamt im Missionshaus St. Michael in Steyl am 30. Dezember 1974 wurde er auf dem dortigen Missionsfriedhof beigesetzt. (FJG)
Quellen: Ausschnitte aus den Borbecker Nachrichten v. 09.07.1965, 24.04.1974 und 08.11.1974. – P. Johann Frick: Mao schlief in meinem Bett. Erinnerungen eines Chinamissionars 1931-1952. Baden-Baden 2020. (Darin auch ein Hinweis auf P. Bernhard Hucklenbruch in dem Dorf Heitsuitzu (heute: Heizuizí).